23.Februar 2020
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Der Abend des 20. Februar bescherte dem Publikum im Münchner Nationaltheater eine wahrlich überragende Repertoirevorstellung von Puccini´s Kassenschlager Tosca. Dass dieser Abend unvergesslich und von ausgeprochen hoher Qualität sein würde, war bei der
herrausragenden Besetzung schon vorauszuahnen. In der Titelpartie war Anja Harteros zu erleben, die mittlerweile diese Rolle zu der ihren gemacht hat und der Inszenierung in München, die am 28. Juni ihr 10jähriges Jubiläum feiert, längst ihren Stempel aufgedrückt hat. Mittlerweile ist die schöne Halbgriechin mit den unterschiedlichsten Bühnenpartnern an der Bayerischen Staatsopern in dieser Produktion zu erleben gewesen. Das betrifft sowohl die Darsteller des Scarpia als auch die des Cavaradossi. Gestern Abend waren an der Seite der deutschen Sopranistin Erwin Schrott als Bösewicht Scarpia zu erleben sowie Joseph Calleja als Toscas Geliebter Cavaradossi. Da kann man nur sagen: besser geht`s kaum. Alle drei Hauptdarsteller waren stimmlich in bestechender Form und trieben sich gegenseitig zu immer größeren Höchstleistungen an. Die größte Spielfreude legte der Bass-Bariton aus Urugay an den Tag, der in seiner Rolle als bösartiger, zynischer und durchtriebener Polizeichef eine Freude daran hatte, die schöne Tosca zu quälen und seiner Gier und seinen Trieben freien Lauf zu lassen. Schlank und geschmeidig wie eine Raubkatze, die zum Sprung ansetzt, um ihre Beute zu stellen, bewegte sich der südamerikanische Opernsänger über die Bühne. Die Bühnenpräsenz des 47jährigen ist wirklich beeindruckend und die Stimme hat in den letzten Jahren mehr und mehr an Kraft und Ausdruck gewonnen, und das nicht nur in den tiefen , sondern auch genauso in den höheren und leichteren Passagen. Der Stimmumfang ist gewaltig und ermöglicht ihm so eine große Gestaltungsmöglichkeit seiner Rollen. Das in Verbindung mit einer attraktiven äußeren Gestaltung bietet ein Gesamtpaket, dem sich kaum ein Zuschauer entziehen kann.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Die zweite männliche Hauptrolle des Malers Cavaradossi, wurde wie bereits erwähnt, von dem Malteser Tenor Joseph Calleja verkörpert. Auch der 42jährige Opernsänger war am gestrigen Abend bestens in Form und konnte stimmlich sein Können unter Beweis stellen. Insbesondere das Recondita armonia im ersten Akt und sein E lucevan le stelle im letzten Akt waren mühelos dargebracht und mit großer Ausdruckskraft versehen. Was die Spielfreude angeht,so fehlt dem symphatischen Opernsängern ein wenig die Intensität und Kreativität seines südamerikanischen Kollegen. Das tat der gesanglichen Leistung aber keinen Abbruch. Zusammen mit Anja Harteros und Erwin Schrott lieferte er eine wunderbare Leistung ab und trug so zum großem Erfolg des Abends bei.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Die Dritte im Bunde in diesem excellent besetzten Trio der Hauptdarsteller war in der Vorstellung des 20. Februar wie bereits erwähnt die deutsche Sopranistin Anja Harteros. Die Sängerin mit der traumhaften Stimme, die nahezu mühelos jede Höhe nimmt,
ist in der Rolle der Tosca mittlerweile angekommen und gestaltet den Charakter ihrer Figur nicht einfach nur in schwarz und weiß sondern ausgesprochen vielschichtig. Sie ist die eifersüchtige Geliebte, eine erfolgreiche und gefeierte Künstlerin, stark, mutig und selbstbewusst und dabei gleichzeitig schwach und verzweifelt. Im Zusammenspiel mit ihrem Kollegen Erwin Schrott während des zweiten Aktes kamen die unterschiedlichen Seiten von Toscas Persönlichkeit perfekt zum Ausdruck. Auch in der 47jährigen Sängerin vereinen sich eine unvergleichliche und ausdrucksstarke Stimme mit einer starken Bühnenpräsenz und einer optisch strahlenden Erscheinung. Betritt sie die Opernbühne, dann sind alle Augen auf sie gerichtet. Als im zweiten Akt ihr ergreifendes Vissi d `arte erklang, hat ganz bestimmt der eine oder andere Zuschauer im Saal eine Träne verdückt...
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Das Highlight war gestern zweifelos der zweite Akt. Der Kampf Toscas um die Rettung ihres Geliebten ist packender als jeder Krimi. Der Schlagabtausch zwischen Cavaradossis Geliebter und dem Polizeichef mit dem teuflischen Wesen war mitreißend, fesselnd und spannend bis in die Haarspitzen. Luft anhalten, der Atem stockt, eiskalte Schauer laufen über die Haut. Das Raubtier hat seine Beute fest im Blick, wittert seinen Sieg. Tosca bittet, fleht und kämpft am Ende wie eine Löwin um ihr Liebesglück und das Leben ihres Geliebten. Wenn man zwei solche Sänger, Sängerdarsteller auf der Bühne hat, dann wird auch eine Oper und eine Szene wie diese zu etwas ganz Besonderem. Erwin Schrott und Anja Harteros erfüllten alle Erwartungen, die man in sie gesetzt hatte und lieferten den Zuschauern im Münchner Nationaltheater ein Schauspiel der Extraklasse. Zwei der besten Opernsänger unserer Zeit haben wieder einmal wieder bewiesen, dass diese wunderbare und kostbare Kunstform in keiner Weise langweilig und angestaubt ist oder sein muss.
Zum Abschluss seien noch der Dirigent Giampaolo Bisanti erwähnt, der die musikalische Leitung an diesem Abend inne hatte. Das Bayerische Staatsorchester, das schon mehrfach als Orchester des Jahres ausgezeichnet worden ist, überzeugte auch an diesem Abend mit einer gewohnt starken Leistung,ebenso wie der Chor und der Kinderchor der Bayerischen Staatsoper. Der Rest des Ensembles fügte sich nahtlos in die starke Leistung des gesamten Teams ein. Stellvertretend dafür möchte ich das langjährige Ensemblemitglied Christian Rieger erwähnen, ohne den kaum eine Vorstellung denkbar ist. Entsprechend der herausragenden Gesamtleistung wurden alle Künstler mit viel Applaus und Jubel belohnt, den alle Beteiligten dankbar entgegennahmen. Immer wieder wurden Sänger und Dirigent vor den Vorhang gebeten und vom Publikum gefeiert.
Am Ende bleibt die Erinnerung an einen ganz besonderen Abend,über den man noch einige Zeit sprechen wird.
Es lebe die Kunst, die Liebe und die Leidenschaft, sich für diese einzusetzen, sie hochzuhalten und für immer zu bewahren.