(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Eleonora Buratto als Floria Tosca, Charles Castronovo als Mario Cavaradossi
Die Inszenierung - ein paar offene Worte
Zu Beginn ein paar Worte zur der Neuinszenierung von Kornel Mundruczo an der Bayerischen Staatsoper, die bei den Zuschauern die unterschiedlichsten Gefühle und
Gedanken ausgelöst hat und immer wieder auf ein großes Unverständnis gestoßen ist, insbesondere was den ersten Akt angeht. Ein Problem sind die fehlenden Hintergrundinformationen bezüglich der Figuren, die der ungarische Regisseur über die bekannte Geschichte von Puccini gelegt hat. Wie soll man als Zuschauer nachvollziehen können was sich auf der Bühne abspielt wenn man keine Chance hat sich vorher schlauzumachen und sich näher mit dem Regiegedanken zu befassen. Die wenigsten Zuschauer dürften jemals Einblick in den mittlerweile nicht mehr zugänglichen und höchst umstrittenen Film "Die 120 Tage von Sodom" erhalten haben, der hier als Grundlage für die Neuproduktion gedient hat. Und die fiktive Person von Mario Cavaradossi und die reale Person von Pier Paolo Pasolini werden in München übereinander gelegt und vermischen sich im Laufe der Handlung immer wieder. Ähnlich verhält es sich auch mit Floria Tosca und Maria Callas, die Pasolinis große Muse war. Wie soll man da noch den Überblick behalten. Ein weiteres Problem dieser Neuinszenierung ist besonders im ersten Akt, dass einfach zu viel los ist auf der Bühne und die Handlung oftmals sehr unruhig wirkt und zusätzlich auch noch recht unübersichtlich ist.
Wenn man bedenkt, das es sich bei Giacomo Puccinis Oper eigentlich um ein sehr
intimes Kammerspiel handelt, in dem in erster Linie die drei Hauptprotagonisten Floria Tosca, Mario Cavaradossi und Baron Scarpia im Blickpunkt stehen, ist festzustellen, dass zahlreiche Nebenschauplätze ziemlich überflüssig sind. Sie lenken von dem hauptsächlichen Drama ab, das sich im Laufe der Handlung entwickelt und zuspitzt und in einem tragischen Ende gipfelt, das keiner der drei Hauptprotagonisten überlebt. Mehr braucht es eigentlich nicht für einen atemberaubenden, erfüllenden und unvergesslichen Opernabend. Es möge sich aber jeder sein eigenes Bild davon machen nach der Übertragung am 27. Juli und dann ein Urteil darüber fällen.
Einen kleinen Hinweis gibt es noch; auf den Besetzungszetteln ist nicht nur eine Erläuterung für die Eröffnungssequenz dieser Neuinszenierung vermerkt, sondern auch für die Videoeinspielung zu Beginn des dritten Aktes.
(C) Wilfried Hösl / Wunderbare Welt der Oper
Ein hervorragend besetztes Ensemble und unzählige Statisten
Die Bayerische Staatsoper verfügt über einen großen Vorteil zahlreichen anderen Opernhäusern gegenüber, sie ist in der Lage auch kleinste Rollen hervorragend und sehr treffend aus ihrem Ensemble heraus zu besetzen. So auch bei dieser Tosca Neuproduktion. Fünf Nebenrollen gab es zu vergeben und die wurden überzeugend und mit viel Einsatz von Milan Siljanov (Cesare Angelotti), Martin Snell (Der Mesner), Tansel Akzeybek (Spoletta), Christian Rieger (Sciarrone) und Pawel Horodyski (Ein Gefängniswerter) verkörpert. An diesen Sängern, einige erfahren, andere noch jung und am Beginn ihrer Karriere, zeigt sich das sehr hohe Niveau dieses Opernhauses.
Eine große Freude und enorm wichtig um eine Vorstellung rund um realistisch zu gestalten. Die typgerechte Besetzung der Charaktere spielt auch bei den Nebendarstellern eine entscheidende Rolle und das gelingt an der Bayerischen Staatsoper stets sehr gekonnt. Danke also an dieses großartige Ensemble am Münchner Nationaltheater. Den begeisterten Schlussapplaus haben sich all die wunderbaren Sänger und Darsteller redlich verdient.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Chor und Orchester der Bayerischen Staatsoper
unter der musikalischen Leitung von Andrea Battistoni
Das mehrfach ausgezeichnete Bayerische Staatsorchester unter der Leitung des italienischen Dirigenten Maestro Andrea Battistoni, sowie der wunderbare und leistungsstarke Chor der Bayerischen Staatsoper trugen auch in dieser Tosca Premierenserie erheblich zum Erfolg bei und riefen ebenso Begeisterungsstürme beim Publikum hervor wie die herausragenden Solisten. Eine kleine kritische Anmerkung sei bezüglich der Lautstärke des Orchesters erlaubt, die sich vor allem auf den ersten Akt und besonders auf das "Te Deum" bezieht. Bei aller Begeisterung und Leidenschaft für diese wunderbare Oper und Giacomos Puccinis mitreißende und unglaublich schöne Musik; wenn die Sänger kaum mehr zu hören sind, auch die mit einer normalerweise gut vernehmbaren Stimme, dann sollte der Dirigent sein Orchester ein wenig zurücknehmen. Ansonsten darf man aber sagen, das Andrea Battistoni genau der richtige für Puccini ist und das Bayerische Staatsorchester die Aufgabe mit großem Enthusiasmus und Einsatz gemeistert hat. Der Applaus am Ende war somit mehr als verdient. Der Chor der Bayerischen Staatsoper der bei der Tosca nur im ersten Akt etwas zu tun hat, konnte wie immer mit einer sehr guten Leistung überzeugen und sollte auf jeden Fall erwähnt werden. Dieser Chor gehört zu einem der besten an den Opernhäusern weltweit.
(C)Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Ludovic Tezier verkörpert überzeugend den brutalen und
sadistischen Polizeichef Baron Scarpia!
In Vorstellung Nummer sechs übernahm einmalig Luca Salsi
Der französische Bariton Ludovic Tezier gehört zu den führenden Opernsängern in seinem Stimmfach und ist einer der besten Darsteller was das Verdi Repertoire angeht. Aber auch bei Donizetti und Puccini, fühlt sich der sympathische Weltstar wohl. Nicht zu vergessen die französischen Werke zum Beispiel von Bizet, Massenet Ambroise Thomas oder Hector Berlioz, die Ludovic Tezier aufgrund seiner Muttersprache besonders intensiv und authentisch mit Leben füllen kann. Die Rolle des abgrundtief bösen und rücksichtslosen Polizeichef Scarpia dazustellen bereitet dem Ausnahmesänger eine besondere Freude wie er nach der letzten Vorstellung an der Bühnentür verriet. Und das spürt man in jeder Sekunde. Stimmlich ist der 55jährige in seiner Primetime und es gibt aktuell nur wenige Kollegen seines Fachs die sich auf einem gleich hohen Niveau bewegen. Sein Bariton ist kraftvoll, ausdrucksstark, und mit einem großem Farbenreichtum ausgezeichnet. Das bietet dem französischen Opernsänger eine Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich seiner Rolle als Bösewicht. Sein Baron Scarpia ist nicht vordergründig böse und brutal, sondern verfolgt seinen perfiden Plan in dem er seine Opfer zunächst in einer gewissen Sicherheit wiegt, wie ein gefährliches Raubtier seine Beute umschleicht bevor es zum Sprung ansetzt. Dann erst offenbart er seine ganze Brutalität und Bosheit. Mit dieser fesselnden Darstellung zog Ludovic Tezier von Beginn an das Publikum im Nationaltheater in seinen Bann und wurde für diese überragende Leistung mit reichlich Applaus und unzähligen Bravorufen belohnt. Wer den französischen Ausnahmesänger möglichst zeitnah wieder auf der Bühne erleben möchte, der kommt am Besten am 21. Juli zu seinem Liederabend ins Münchner Prinzregententheater oder zu einer der drei Tosca Vorstellungen während der Opernfestspiele.
Abschließend noch ein paar Worte zu Luca Salsi, der recht kurzfristig und einmalig in Vorstellung Nummer sechs für den französischen Kollegen die Partie des Scarpia übernahm und wie nicht anders zu erwarten seinem exzellenten Ruf als Sänger und Schauspieler gerecht wurde. Dabei war es sehr angenehm, dass er in seiner Darstellung des fiesen Polizeichef, seine eigene Interpretation mit einbrachte. Das Publikum hatte der italienische Bariton binnen kürzester Zeit auf seiner Seite und durfte sich am Ende über den hoch verdienten Applaus freuen.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Ludovic Tezier als Scarpia
Charles Castronovo gibt sein erfolgreiches Rollendebüt als
Maler Mario Cavaradossi!
Charles Castronovo gehört zweifellos zu den besonders charmanten und gut aussehenden Sängern in der Opernszene und ist optisch schon mal die Idealbesetzung für den leidenschaftlichen Maler Mario Cavaradossi, dessen Herz für die wunderschöne Sängerin Floria Tosca entbrannt ist. Auch stimmlich hat der amerikanische Tenor einiges zu bieten. Dieses hat er auch in unzähligen Partien an der Bayerischen Staatsoper bewiesen und mit seiner Darstellung immer wieder das Münchner Publikum für sich eingenommen. Auch wenn der amerikanische Tenor mit den sizilianisch-ecuadorianischen Wurzeln eigentlich noch ein lyrischer Tenor ist, so beginnt er sich jetzt auch nach und nach die dramatischen Partien anzueignen. Vorsichtig und mit viel Sorgfalt ausgewählt, ohne ein zu großes Risiko einzugehen. Bei den Verdi Partien kann Charles Castronovo mittlerweile so einige Rollen vorweisen, in denen er erfolgreich debütiert und an verschiedenen Mayor Houses auf der Bühne verkörpert hat. Dasselbe gilt für zahlreiche Belcanto Rollen, Mozart Partien und das französische Repertoire. Nun also das Rollendebüt als Mario Cavaradossi an der Bayerischen Staatsoper, das für den 48jährigen über die letzten 15 Jahre zur künstlerischen Heimat geworden ist. Eigentlich hatte er sich ja für seinen ersten Cavaradossi eine etwas traditionellere Inszenierung gewünscht, verriet
der sympathische Opernsänger bei einem Künstlergespräch mit BR Klassik in München. Er sei aber dann insgesamt doch sehr zufrieden gewesen mit dem was sich während der Proben entwickelt hat. Und genau das war auch zu bemerken sobald sich der Vorhang im Nationaltheater hob. Lässig, elegant, charmant im ersten Akt, gequält aber auch kämpferisch im zweiten Akt und voller Verzweiflung und Schmerz in Akt drei. Und in jeder Sekunde wirkte die Darstellung, die Verkörperung seiner Figur authentisch und ehrlich. Stimmlich in den ersten Vorstellungen noch sehr konzentriert und gefordert, steigerte sich Charles Castronovo immer weiter, gestaltete detailreich seine anspruchsvolle Partie, füllte sie mit Leben und echten Emotionen. Die Victoria Rufe im zweiten Akt beeindruckend, das E lucevan le stelle
unglaublich verzweifelt und traurig. Die Duette mit Eleonora Buratta mitreißend.
So gab es auch für den amerikanischen Tenor am Ende viel Applaus und ein herzliches Dankeschön vom Münchner Publikum. Wer den Opernsänger in München wieder sehen will, muss sich jetzt erstmal gedulden, Ende Januar kehrt er zurück mit fünf Vorstellungen der bereits bekannten Inszenierung von Un Ballo in Maschera".
Wer sich so lange nicht gedulden kann, der wirft am Besten einen Blick auf seine Hompage oder schaut ganz einfach bei Operabase vorbei.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Charles Castronovo als Mario Cavaradossi
Eleonora Buratto erobert als neue Tosca im Sturm die Herzen
des Münchner Publikums
Bei der Spielzeitpräsentation im April 2023 war Anja Harteros noch für die Titelpartie der Tosca in Kornel Mundruczos Neuinszenierung am Münchner Nationaltheater angekündigt worden. Im Laufe des Jahres kam dann wie von vielen ihrer Fans schon geahnt die Umbesetzung der deutsch-griechischen Opernsängerin. Die italienische Sopranistin Eleonora Buratto, die in ihrem Heimatland bereits eine erfolgreiche Karriere vorzuweisen hat, übernahm für Anja Harteros in dieser Neuproduktion und gab damit ihr internationales Rollendebüt an der Bayerischen Staatsoper. Ihr Hausdebüt hatte die in Mantua geborene Opernsängerin bereits ein Jahr zuvor gegeben, als sie ebenfalls als Einspringerin für Anja Harteros, als Desdemona zu erleben war. Ihre Auftritte als Floria Tosca auf der Bühne des Münchner Nationaltheater wurden von Beginn an zu einem Triumph. Die 42 Jährige Italienerin besitzt einen flexiblen und geschmeidigen Sopran der alles hat ,was man benötigt um eine solch anspruchsvolle Partie ohne Probleme zu bewältigen. Eleonora Buratto verfügt über das Können wunderschöne Legatobögen zu singen, hat die Fähigkeit zu dramatischen Ausbrüchen und verzückt gleichfalls durch zarteste Piani. Ihre große Arie im zweiten Akt, gemeint ist selbstverständlich das "Vissi darte", gehörte zu den schönsten Momenten jeder Tosca Vorstellung. Auch darstellerisch überzeugte die sympathische Künstlerin; sie hauchte ihrer Figur Leben ein, gab ihr einen eigenen Charakter und lässt die Gefühle die Floria Tosca durchlebt echt und intensiv wirken. Sie bewegt sich leicht und selbstverständlich auf der Bühne und ist in der Interaktion mit ihren Kollegen eine dankbare Partnerin. Eleonora Buratto gehört zweifelsohne in dieser Premierenserie an der Bayerischen Staatsoper zu den ganz großen Entdeckungen und wird auch in der Zukunft regelmäßig im Münchner Nationaltheater zu Gast sein. Im Juli gibt es aber erstmal noch ein Wiedersehen mit der italienischen Opernsängerin. Auch sie wird in den Festspielvorstellungen der Tosca Neuproduktion am 24.7. , 27.7. und 30.7. zu erleben sein. Alle weiteren Termine gibt es auf ihrer Website zu entdecken oder auf Operabase.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Eleonora Buratto als Floria Tosca
Fortsetzung folgt...Die Tosca Neuproduktion bei den Münchner
Opernfestspielen!
Die ersten acht Tosca Vorstellungen von Kornel Mundruczus Neuinszenierung sind vorüber, die nächsten drei lassen nicht lange auf sich warten. Schon am 24. Juli bei den Münchner Opernfestspielen geht es weiter. Dann gibt es eine von vornherein
geplante Besetzungsänderung bezüglich des Mario Cavaradossi. Der deutsche Weltstar Jonas Kaufmann, schlüpft dann in die Rolle des leidenschaftlichen Malers.
Man wird sehen was der erfahrene Opernsänger daraus machen und wie er dieses spezielle Regiekonzept für sich adaptieren wird.
Der Rest der Besetzung ist identisch wie in der gerade beendeten Premierenserie.
Das heißt Eleonora Buratto übernimmt erneut die Partie der Titelheldin und Ludovic Tezier die des bösen und hinterhältigen Polizeichefs Scarpia. Und auch die weiter oben genannten fünf Nebenrollen bleiben bis den Cesare Angelotti gleich besetzt.
Abschließend darf man bezüglich der ersten acht Vorstellungen sagen; musikalisch ein Hochgenuss, hervorragend besetzt und von den Darstellern
überzeugend auf der Bühne umgesetzt. Und letztlich waren alle Abende zu 99% ausverkauft, was vor allem den überragenden Sängern und Musikern zu verdanken ist, die vom Publikum hoch verdient
gefeiert worden sind.
Es gibt aber auch einiges zu überdenken und zu korrigieren. Es geht hierbei natürlich um die szenische Gestaltung, vor allem die des ersten
Aktes. Weniger unnötige Aktionen auf der Bühne, eine größere Übereinstimmung zwischen Handlung und Text und die drei Hauptprotagonisten in den Mittelpunkt stellen. Das wären ein paar
Gedanken die einem in den Sinn kommen wenn man an die neue Tosca Produktion denkt. Aber wer weiß wie sich alles verändert im Laufe der nächsten Vorstellungen. Vielleicht gibt es ja noch die eine
oder andere positive Veränderung.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Jonas Kaufmann als Mario Cavaradossi, Ludovic Tezier als Scarpia, Tansel Akzeybek als Spoletta
Jonas Kaufmann übernimmt während der Opernfestspiele die
Partie des Cavaradossi und begeistert sein Münchner Publikum
Gespannt hatte man in München auf den ersten Auftritt des 55jährigen Weltstars gewartet, der während der drei Tosca Festspielvorstellungen die Partie des Mario Cavaradossi in der Neuproduktion von Kornel Mundruczo übernahm. Kaufmann, der aktuell in einer sehr guten Verfassung ist und die Rolle des leidenschaftlichen Malers schon unzählige Male in ganz unterschiedlichen Inszenierungen übernommen hat, konnte auch hier in München stimmlich überzeugen. Darstellerisch tat er sich in Vorstellung Nummer eins am 24. Juli, insbesondere im ersten Akt ein wenig schwer. Dass die Produktion nicht auf ihn, sondern auf seinen Kollegen Charles Castronovo ausgerichtet ist, war deutlich zu bemerken. Der in München geborene Opernsänger schien sich nicht immer ganz wohl zu fühlen mit dem Staging auf der Bühne und wirkte daher ein wenig gebremst in seiner Interpretation. In den folgenden zwei Vorstellungen änderte sich diese Tatsache aber zum Positiven und er drückte der neuen Tosca Produktion an der Bayerischen Staatsoper nach und nach seinen eigenen Stempel auf. Im zweiten und dritten Akt kann der deutsche Tenor mit Wohnsitz in Salzburg dann ohnehin seine großen Stärken zeigen und begeistert das Festspielpublikum mit Leidenschaft, Spielfreude und stimmlichen Highlights. Die Schmerzensschreie von Mario Cavaradossi während der Folterszene im Zweiten Akt, bei Kornel Mundrzuco sichtbar für alle Zuschauer, sind erschütternd und gehen durch Mark und Bein. Die Vittoria Vittoria Rufe sind langanhaltend und strahlend und der Abgang des Malers im Anschluss ist höchst dramatisch. Das "E lucevan le stelle" im letzten Akt, in dem Mario Cavaradossi Abschied von seiner geliebten Floria Tosca und seinem Leben nimmt ist ergreifend und nach wie vor von entrückender Schönheit wenn sie von Jonas Kaufmann gesungen wird. Auch in der dritten und letzten Vorstellung während der Münchner Opernfestspiele, gab es keine Wiederholung der Arie, der aufbranndende Applaus wurde im Klang des Orchesters erstickt. Wenn man mich fragt, die Entscheidung gegen eine Wiederholung hatten der Weltstar und der Dirigent Andrea Battistoni gemeinsam getroffen. Und diese Entscheidung, die ich persönlich nur unterstützen kann, sollte man so akzeptieren.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper / Jonas Kaufmann als Mario Cavaradossi , Eleonora Buratto als Floria Tosca
Sinnvolle Veränderungen und eine homogne Festspielbesetzung
Das es keine Schwierigkeiten im Zusammenspiel der Festspielbesetzung geben würde, war schon im voraus anzunehmen und so entwickelte sich die szenische Darstellung der Hauptprotagonisten ganz von selbst und mit viel Einsatz und großer
Leidenschaft. Dramaturgisch hatten sich aber bereits während der ersten Vorstellung ein paar sinnvolle Veränderungen ergeben. Im ersten Akt kehrte etwas Ruhe rein, es wurde nicht mehr ganz viel auf der Bühne hin und hergelaufen und insbesondere während des "Recondita armonia" konzentrierte sich der deutsche Tenor auf seinen Gesang und nicht darauf möglichst viele Polaroidfotos von den Models zu machen.
In Akt zwei war die entscheidende Neuerung die, dass Jonas Kaufmann als Maler nach seinen leidenschaftlichen Vittoria Rufen, nicht einfach herausrennt, sondern von den Wachen gegen seinen Willen aus dem Raum geführt wird. Was natürlich erheblich mehr Sinn macht in dieser Situation. Und zuletzt der dritte Akt mit dem wunderschönen und herzzereißenden "E lucevan le stelle" . Da braucht es einfach Ruhe wenn Cavaradossi in sich gekehrt Abschied nimmt vom Leben. So erhielt der Opernsänger beim Herumschieben der Wagen mit den Filmrollen Unterstützung von einem der Gefängniswärter und konnte sich ganz auf seine Arie konzentrieren und eintauchen in den Schmerz den der Maler in diesem Moment durchlebt. Insgesamt hat sich in den 12 Vorstellungen zwischen der Generalprobe am 16. Mai und der letzten Aufführung am 30. Juli vieles geändert und das meiste davon zum Positiven.
Das zeigt auch dass sich eine Neuproduktion erst mit dem Beginn der Premiere oder auch erst danach beginnt zu entwickeln und dass es nicht viel Sinn macht sich nur die Premiere anzuschauen, sondern auch den Verlauf zu beobachten. Das gilt auch für die Berichterstattung. Für mich fällt daher in der Regel die Entscheidung für eine Zusammenfassung wenn es um eine neue Inszenierung geht.
(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper
Einige Worte zum Abschluss...
Abschließend gilt es noch einen großen Dank auszurichten an alle beteiligten Künstler, Sänger und Musiker dieser neuen Tosca Produktion an der Bayerischen Staatsoper, die bereits am 23. September zur Wiederaufnahme kommt. Nähere Informationen dazu gibt es auf der Homepage des Opernhauses. In den drei Hauptrollen werden dann Lise Davidsen, Freddie De Tommaso und Bryn Trefel zu erleben sein, die musikalische Leitung hat Oksana Lyniv.
Die ersten zwei Serien von Puccinis Meisterwerk in der Neuinterpretation von Kornel Mundruczo waren auf jeden Fall sehr erfolgreich und weitgehend ausverkauft. Das es vor allem was den ersten Akt angeht einigen Anlass für Diskussionen und Mißbilliungen bei Zuschauern und Journalisten gab, tat dem ganzen keinen Abbbruch und hat zur Folge gehabt, das diese Regiearbeit in jeder Munde war.
Die Sänger, Schauspieler und Musiker haben allesamt überragende Leistungen abgeliefert und der mitreißenden Musik von Giacomo Puccini und dem
atemberaubenden Opernkrimi um Floria Tosca, Mario Cavaradossi und Polizeichef Scarpia kann ohnehin niemand entziehen. Und genau diese Tatsachen sollten am Ende im Mittelpunkt stehen. Das Publikum
im Nationaltheater und die Menschen auf dem Max-Joseph-Platz vor der großen Leinwand bei "Oper für Alle" zeigten ihre immense Begeisterung, bejubelten die Künstler und dankten Ihnen für ihre
großartige Leistung mit Standing Ovations und zahlreichen Bravo Rufen. Die Sänger und der Dirigent nahmen sehr gerührt all die Beifallsbekundungen mit einer tiefen Verbeugung entgegen. Und auch
die Zuschauer, die den Online Stream live auf Staatsopern TV verfolgt haben, dürften den Abend mit der hochkarrätig besetzten Tosca aus München in vollen Zügen genossen haben. Laut
Presseinformation der Bayerischen Staatsoper waren fast 35.000 Menschen weltweit im Opernhaus, vor der Oper und im Stream bei diesem unvergesslichen Abend dabei. Eine Zahl die sich durchaus sehen
lassen kann und den hohen Status der Bayerischen Staatsoper bei den Opernliebhabern zeigt. Die nächste Vorstellung von "Oper für Alle" wird am 20. September das Eröffnungskonzert der neuen
Spielzeit aus Oberammergau sein. Bei den Opernfestspielen am 6. Juli 2025 darf man sich dann auf die Neuproduktion von Don Giovanni freuen, die am 27. Juni 2025 Premiere feiert.
Den Abschluss der Opernfestspiele macht am 31. Juli die Fledermaus von Johann Strauss mit Diana Damrau als Rosalinde und Georg Nigl als Gabriel von Eisenstein, bei der ich aber nicht dabei sein werde. Für mich geht es u.a. zu einer konzertanten Vorstellung von Hamlet bei den Salzburger Festspielen, zu einem Konzert mit dem 2. Aufzug aus Richard Wagners Oper Tristan und Isolde und wie könnte es sein, meine letzte Oper die ich in der scheidenden Spielzeit besuchen werde ist die Tosca bei den
Opernfestspielen in Verona.
Dieser Beitrag wird wohl auch der letzte sein den ich auf meinem alten und leider wenig komfortablen Blog veröffentlichen werde. Über meine neue gerade entstehende Opern Website werde rechtzeitig informieren; wie sie heißt, wann sie genau an den Start geht und was Euch dort erwartet. Jetzt wünsche ich erstmal allen Lesern einen wunderschönen, entspannten, sonnigen und musikalischen Sommer.
Die Musik vermittelt
das innerste Seelenleben
von einem Gemüte zum anderen
am unmittelbarsten.
(Hermann Ritter)