Zwei Weltstars - Zwei Abende

Asmik Grigorian und Jonas Kaufmann verzücken ihr Publikum bei den Opernfestspielen in München mit der hohen Kunst des Liedgesang!


Von Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper

12.Juli 2024

(C) Sebastian Widmann / Gregor Hohenberg

                                             Einige Worte vorweg...

Liederabende sind fast immer etwas Besonderes und Einzigartiges und man sollte sich mit Herz und Seele auf diese Musik und die Künstler die sie darbieten, einlassen. Insbesondere wenn man es mit außergewöhnlichen Sängern und Interpreten wie bei den Münchner Opernfestspielen zu tun hat. Asmik Grigorian und Jonas Kaufmann sind zwei wunderbare Beispiele für diese Besonderheit und Enzigartigkeit aber auch dafür wie unterschiedlich ein Liederabend gestaltet sein kann, alleine schon von der Auswahl der Stücke, der Interpretation und natürlich der Sprache her. Eine exzellente Textverständlichkeit ist von größter Wichtigkeit und eine der Vorraussetzungen für einen gelungenen Abend. Selbstverständlich sollte das Repertoire sowohl für den Anlass passend gewählt sein ebenso wie für die Stimme des Sängers. Dieser sollte es schaffen kleine Geschichten zu erzählen, die den Zuhörer berühren, zum Lächeln bringen und ohne Unterbrechung seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Neben dem ausgezeichneten Gesang, ist eine erstklassige Klavierbegleitung unabdingbar. Ohne einen entsprechend hervorragend ausgebildeten und erfahrenen Pianisten wird dem Liederabend einiges an Genuss und Besonderheit fehlen und die Erinnerung wird recht schnell verblassen. In dem Fall von Asmik Grigorian und Jonas Kaufmann und ihren Liedbegleitern, Pianisten und langjährigen Freunden besteht diese Gefahr zum Glück zu keiner Zeit, im Gegenteil, hier besteht eine große Suchtgefahr im allerbesten Sinne. Auch mir ergeht es immer wieder auf die selbe Art, ich kann einfach nicht genug bekommen von diesen wunderbaren Künstlern und dem Genre Liedgesang.

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper

                         Die Macht der Emotionen - Asmik Grigorian

Es gibt nur wenige Opernsänger, die ihr Publikum so von Anbeginn in ihren Bann ziehen, alleine nur durch das Betreten der Bühne, wie die litauische Sopranistin Asmik Grigorian. Auch den Zuschauern die am 7. Juli ihrem Liederabend im Münchner Prinzregententheater lauschten, ging es nicht anders. Die 43 jährige hat eine einzigartige Stimme und ist in der Lage Emotionen in den Menschen zu wecken, die ganz unmittelbar die Seele berühren. Es ist kaum möglich sich diesen intensiven und starken Gefühlen zu entziehen, die direkt aus der Künstlerin selbst zu kommen scheinen. Hinzu kam in München das aufwühlende und mitreißende russische Programm mit Liedern von Pjotr I. Tschaikowski und Sergej Rachmaninow das die Opernsängerin präsentierte. Asmik Grigorian gestaltet jedes Lied, jede einzelne Phrase sehr detailliert, farbenreich und macht es vollkommen unnötig den Text mitzulesen oder zu verstehen. Alles ist in dieser wunderbaren Stimme, die den Raum erfüllt und jeden ihrer Zuschauer erreicht und verzaubert. Atemberaubend schön,  dunkel glühend, expressiv in den Ausbrüchen und dann wieder zart, zerbrechlich und

herzergreifend. Das sich die Sopranistin mit Herz und Seele ihren Rollen widmet, ist denen bekannt die sie schon auf der Opernbühne erlebt haben. All diese Leidenschaft fließt aber auch in die Gestaltung ihrer Liederabende, Konzertabende und CD Aufnahmen. So hinterlässt diese bemerkenswerte und eindrucksvolle Künstlerin wieder einmal ihre Spuren und das Publikum dankte es ihr voller Euphorie und feierte sie und ihren wunderbaren Pianisten mit Bravorufen und Standing Ovation. Gerührt nahmen Asmik Grigorian und Lukas Geniusas die Begeisterung der Menschen im Prinzenregententheater entgegen.

(C) Wilfried Hösl / Bayrische Staatsoper


Es ist einfach vonnöten auch einige Worte über den großartigen Pianisten von Asmik Grigorian zu schreiben. Lukas Geniusas ist der ideale Begleiter am Klavier, nahm sich sehr zurück, bereitete der litauischen Sopranistin einen weichen Klangteppich, auf dem sie sich ohne Sorge bewegen konnte, umhüllt von den Klängen seines wunderschönen Spiels. Die bemerkensswert schönen Einleitungen und Ausklänge rundeten jedes der dargebotenen Lieder perfekt ab. Wie sehr sich die zwei Künstler schätzen und achten, war in jedem Augenblick zu spüren und trug zu einer besonderen Atmosphäre im Prinzregententheater bei, die sicher auch die meisten Zuschauer im Saal gespürt haben dürften. Es gab noch eine Besonderheit an diesem Abend, der litauisch-russische Pianist bewies in zwei Auftritten ohne den Gesang von Asmik Grigorian, dass er die Zuhörer auch allein mit seinem brillanten Klavierspiel begeistern und fesseln kann. Die begeisterte Reaktion des Publikums war der beste Beweis für das Können des 34 jährigen und die Würdigung seiner Darbietung. Wann bekommt man schon einen Liederabend und einen Klavierabend in einem geboten und das ohne Aufpreis und in dieser extrem hohen Qualität.

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper


         Berührende Geschichten in perfekter Diktion - Jonas Kaufmann

Es ist der vierte von insgesamt sieben geplanten Auftritten in seiner Heimatstadt München (dreimal Aida , ein Liederabend und dreimal Tosca) in der noch laufenden Spielzeit, die Jonas Kaufmann am Abend des 11. Juli absolvierte. Im Gegensatz zu all seinen Kollegen die ebenfalls einen Liederabend geben oder gegeben haben, sang der 55 jährige als einziger, zusammen mit seinem langjährigen Pianisten, Freund und

ehemaligen Professor Helmut Deutsch im Münchner Nationaltheater. Das Opernhaus am Max-Josef-Platz war inklusive der Orchesterbestuhlung bis auf wenige Plätze ausverkauft. Nachdem der deutsche Weltstar mit Wohnsitz in Salzburg letztes Jahr den Liederabend im Rahmen der Opernfestspiele aus gesundheitlichen Gründe absagen musste, war die Spannung und Vorfreude auf diesen Abend bei den überwiegend aus München stammenden Zuschauer um so größer. Und auch die zahlreichen Fans des Startenors, der heuer übrigens sein 30 jähriges Bühnenjubiläum

feiert wurden nicht enttäuscht. Auf dem Programm stand im ersten Teil die Dichterliebe von Robert Schumann, diese hatte das Duo Kaufmann / Deutsch zu Coronazeiten im leeren Nationaltheater gesungen. Die Übertragung via Livestream damals hatte etwas tröstendes und trauriges zugleich. Nun also der selbe Liederzyklus vor fast ausverkauftem Haus und mit einem begeisterten aber leider auch recht unkundigem und sehr unruhigen Publikum. Das hatte zufolge das es über weite Strecken nicht die Ruhe und Besinnlichkeit gab, die ein solcher Abend eben braucht. Irgendwann musste der in München geborene Opernsänger auch in eigener Sache eingreifen und die Zuschauer bitten sich mit dem Applaus zurückzuhalten bis zum Schluss oder zumindst ein paar Lieder verstreichen zu lassen und nicht nach jedem Lied zu applaudieren. Diese Bitte wurde erst nach der Hälte des zweiten Teils weitgehend umgesetzt. Wer schon einmal beispielsweise das Konzerthaus oder  den Musikverein in Wien für ein Konzert besucht hat, weiß wie leise und überaus diszipliniert es dort zugeht. Man kann eine Stecknadel fallen hören...Nun aber genug geklagt, jetzt soll es um den hochkarätigen Liederabend gehen, den Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch ihrem Publikum am Donnerstag den 11. Juli geboten haben. Nach der Dichterliebe im ersten Teil, gab es nach der Pause, die Tre sonetti del Petraca von Franz Liszt sowie einige ausgewählte Lieder von dem Liszt Album das der deutsche Weltstar und sein Pianist während Coronazeit zusammen aufgenommen haben und das mit einem Opus Klassik ausgezeichnet worden ist.

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper


Jonas Kaufmann bewies bei dem Liederabend in seiner Geburtstadt und auf der Bühne des Opernhauses auf dem er seit 2009 so viele wichtige Rollendebüts gefeiert hat, das er immer noch zu besten Interpreten gehört was den Liedgesang betrifft und wie wichtig ihm dieses ganz besondere Genre ist. Seine Diktion ist außergewöhnlich gut und er ist immer noch in der Lage seine Zuhörer zu fesseln, nicht nur auf der Opernbühne. Zusammen mit Helmut Deutsch am Klavier erzählte er von kleinen bewegenden Geschichten, nahm die Menschen im Saal mit auf eine Reise die von Liebe, Hoffnung, Schmerz und Verzweiflung handelt. Während man bei den heroischen Ausbrüchen die unachamliche Opernstimme des Weltstars erahnen konnte, zeigten die zarten und zerbrechlichen Momente die immer noch brilliante Pianokultur des 55 jährigen. Auch in den ganz leisen und traurigen Momenten erreicht seine Stimme immer noch jeden Platz im Opernhaus, vom Parkett in der ersten Reihe bis hoch auf die Galerie. Mag sein das die Übergänge von den tiefen in die hohen Tonlagen nicht mehr ganz so leicht, fließend und entspannt sind und die Stimme an wenigen Stellen etwas gepresst klang aber das war auf die Länge dieses Vortrags wirklich zu verschmerzen. Die zum Teil verhehrenden Kritiken bezüglich dieses Liederabend teile ich auf keinen Fall und hoffe ich kann mit meinem Beitrag für einen gewissen Ausgleich sorgen. Es mag nicht alles perfekt gewesen sein aber trotzdem habe nicht nur ich die zwei Stunden in unserem Nationaltheater von der ersten bis zur letzten Sekunde genossen. Der deutsche Tenor ist immer noch ein wunderbarer Geschichtenerzähler und in der Lage sein Publikum zu erreichen und die Herzen der Menschen berühren.

Helmut Deutsch seien nun meine letzten Worte in diesem Abschnitt gewidmet. Er gehört auch mit seinen 78 Jahren noch zu den weltbesten Liedbegleitern und mit Jonas Kaufmann verbindet ihn eine mehr als drei Jahrzehnte lange berufliche und private Verbindung. Das filigrane, transparente und luftig leichte Spiel des österreichischen Pianisten ist erfüllt von so viel Liebe und Gefühl und bereitet dem Zuschauer einige der schönsten und ergreifensten Momente. Man mag einfach nur die Augen schließen, lauschen und eintauchen in diese Welt aus wundervollen Klängen und Farben. Ohne das außergewöhnliche Klavierspiel von Helmut Deutsch würde den Liederabenden, egal wen er auf den kleinen musikalischen Reisen begleitet etwas Entscheidendes fehlen. Ich verneige mich vor einem großen Künstler und Musiker, der uns und den Sängern wie Jonas Kaufmann, Piotr Beczala, Diana Damrau oder Nikola Hillebrand hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper


                                             Einige Worte zum Schluss...

Es war ein unbeschreiblich großes Glück innerhalb von nur vier Tagen zwei der weltweit besten Opernsänger und Liedinterpreten in meiner Wahlheimat München zu erleben. Beide Abende waren auf ihre Art besonders und außergewöhnlich und werden sicher noch lange in den Herzen und Gedanken der Menschen bleiben, die das große Vergnügen hatten diesen zwei überragenden Interpreten und ihren ebenso brillianten Pianisten und Liedbegleitern zu lauschen. Die zwei unterschiedlichen Orte an denen die Liederabende stattfanden, das kleinere Prinzregententheater und das Nationaltheater am Max-Joseph-Platz, luden durch ihre eigene ganz spezielle Atmosphäre dazu ein, einzutauchen in den wunderschönen Klang der Musik und sich für zwei Stunden entführen zu lassen in eine andere Welt. Der begeisterte Applaus und die Standing Ovations am Ende bewiesen ohne Frage das Asmik Grigorian, Lukas Geniusas, Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch ihre Zuschauer mit ihrer außergewöhnlichen Kunst erreicht haben. Beseelt und mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht verließen die Menschen die Theater.

Für die Besucher des Liederabend von Asmik Grigorian und Lukas Geniusas am 7. Juli im Prinzregentenzheater gab es noch eine wunderbare Überraschung zum Abschluss, eine Signierstunde mit den zwei Künstlern vor dem Eingang zum Gartensaal. Dieses Glück gab es am 11. Juli nach dem Liederabend mit Jonas Kaufmann im Nationaltheater bedauerlicherweise nicht. Der eine oder andere Konzertbesucher hätte dem Künstler sicherlich gerne nachträglich zum 55. Geburtstag gratuliert, den dieser einen Tag vorher begangen hatte. Vielleicht beim nächsten Mal...

Die zwei Opernsänger sind mittlerweile schon wieder mit den nächsten Projekten beschäftigt. Die litauische Sopranistin probt bei den Festspielen in Salzburg für eine Neuproduktion von Sergei Prokofjews "Der Spieler". Der deutsche Tenor gibt in Wiesbaden am 18. Juli beim Rheingau-Musik-Festival noch ein Konzert, um sich im Anschluss den drei Festspielvorstellungen der Tosca Neuproduktion vom Mai / Juni diesen Jahres zu widmen wo er natürlich die Partie des Mario Cavaradossi übernimmt und unter anderem auch bei Oper für Alle am Max-Joseph-Platz und dem parallel laufenden Livestream der Bayerischen Staatsoper zu erleben ist. Für mehr Informationen steht die Seite der Bayerischen Staatsoper mit allem notwendigen zur Verfügung! Wer mag, kann auch über meine Eindrücke zur Tosca von der Premieren Serie im Beitrag unter der Rubrik Rezensionen Oper / Premieren und Repertoire nachlesen. Der erwähnte Beitrag wird nach den drei Tosca Festspielvorstellungen noch um den Auftritt von Jonas Kaufmann als Mario Cavaradossi ergänzt.

Mein nächster Besuch wird in Salzburg das Fest zur Eröffnung der Festspiele am kommenden Samstag sein, sowie einen Tag später, der Liederabend mit Ludovic Tezier im Prinzregententheater im Rahmen der Münchner Opernfestspiele.

 

(C) Wilfried Hösl/ Bayerische Staatsoper


                     Die Musik ist ein moralisches Gesetz.

                    Sie schenkt unseren Herzen eine Seele,

                           verleiht den Gedanken Flügel,

                             lässt die Fantasie erblühen...

 

                                                  (Platon)