(C) Maris Vagris
Um kurz nach 20:00 startete sie, unsere wunderbare Reise in den Süden. Unser charmanter Reiseführer quer durch das Sehnsuchtsland Italien war an diesem Abend kein geringerer als (Star)Tenor Jonas Kaufmann. Der Italien Fan nahm seine Zuhörer mit auf einen musikalischen Trip der ganz besonderen Art. An seiner Seite Jochen Rieder und das Berliner Rundfunkorchester und die bezaubernde Mezzosopranistin Anita Rachvelishvili, die durch ihr Temperament, ihre Bühnenpräsenz und ihre ausdrucksstarke Stimme zum großen Erfolg in der Waldbühne Berlin beitrug. Noch vor Beginn des Abfluges gab es eine kräftige Dusche von oben und manch ein Mitreisender musste die Sonnenbrille noch schnell gegen einen Regenumhang tauschen. Als der Flieger in den Süden schließlich abhob, gab es zwar noch einige dunkle Wolken am Himmel, geregnet hat es dann zum Glück nicht mehr. Die Sterne waren an diesem Abend aber leider erst wieder nach Ende des Konzertes zu sehen.
Zuerst nahm Reiseführer Jonas Kaufmann seine Zuhörer mit in den tiefsten Süden Italiens, genau gesagt nach Sizilien und in die Heimat von Santuzza und Turiddu, zwei der Hauptfiguren aus Pietro Mascagnis Verismo Oper Cavalleria rusticana. Das einstige Liebespaar muss resigniert feststellen, dass es keine gemeinsame Zukunft gibt. Während die hochgradig eifersüchtige Santuzza darunter leidet und ihren Geliebten anfleht, sie nicht zu verlassen, hat er bereits eine neue Liebe gefunden und denkt nur daran, die Flucht zu ergreifen ,um mit seiner Lola glücklich zu werden. Die Realität aber ist erdrückend und brutal. Am Ende verliert Turiddu sein Leben und Santuzza bleibt alleine zurück, in dem Wissen, schuld an seinem Tod gewesen zu sein. Die Ausschnitte aus Pietro Magcagnis veristischer Oper bildeten den musikalischen Einstieg am Freitag den 13. Juli 2018 in Berlin. Mit diesen zwei Sängerdarstellern auf der Bühne, der Münchner Opernsänger elegant in dunkelblauem floral gemustertem Anzug und weißem Hemd, die georgische Mezzosopranistin in schwarzem Samtkleid, konnte man die intensiven Gefühle und die dramatischen Ereignisse unmittelbar spüren und erleben. Der 49jährige Tenor und seine Bühnenpartnerin schufen eine Atmosphäre, die auch ohne Kostüme und Bühnenbild genau vermittelten, was diese zwei Figuren empfinden und denken.
Stimmlich waren die beiden Opernsänger in bestechender Form. Beides sind Künstler, die große Freude daran haben, sich über ihre Stimme, aber auch über Gestik und Mimik auszudrücken, eine starke Verbindung mit ihren Figuren eingehen und dadurch jederzeit authentisch in ihrer Darstellung und Interpretation wirken. Genau damit schaffen sie auch diesen unglaublich direkten Zugang zu ihrem Publikum. Dass die zwei Stimmen auch noch zusammen besonders schön harmonieren, erhöhte den Genuss um ein weiteres.
Nach dem dramatischen Abgang von Turiddu, der vorher noch von seiner ehemaligen Geliebten verflucht wird, ging die Reise weiter und die Töne wurden etwas sanfter und versöhnlicher. Jonas Kaufmann führte mit seiner charmanten Reisebegleiterin seine Zuschauer weiter durch sein Lieblingsland und ließ sie erklingen, die italienischen Canzoni, die in deren Herkunftsland jeder mitsingen kann und die ein Hauch von Sehnsucht und Melancholie verbreiten. Auch optisch war der Wechsel von der Oper zu den italienischen Volksliedern auszumachen. Der Münchner (Star)Tenor zeigte sich nun lässig in dunkelblauem Glitzeranzug, weißem T-Shirt und weißen Turnschuhen. Anita Rachvelishvili erschien in einem leichten, smaragdgrünen Kleid und einem auffälligen Kopfschmuck.
Bevor die Reise nun weiter geht, sei noch erwähnt, dass der Münchner Publikumsliebling aufgrund der unsicheren Wetterlage kurzerhand beschloss, so lange weiterzumachen mit dem Programm, bis es zu regnen beginnen würde und eine Pause notwendig würde. Diese Entscheidung war so spontan, dass auch der Dirigent des Abends ein wenig überrascht wirkte und rasch in die Garderobe lief, um die fehlenden Noten zu besorgen. Am Ende spielten Jonas Kaufmann, Anita Rachvelishvili und das Berliner Rundfunkorchester unter der Leitung von Jochen Rieder fast drei Stunden durch und es gab abgesehen von einigen Tropfen keinen Regen mehr.
Wie schon erwähnt gab es im zweiten Teil eine Auswahl an italienischen Canzoni, die allesamt auf der im Jahre 2016 erschienen Dolce Vita CD des 49jährigen Opernsängers zu finden sind. Und viele sind auch nicht erst seit Erscheinen dieses Albums den deutschen Zuschauern bekannt. Hits wie Caruso, an diesem Abend neu interpretiert von der georgischen Mezzosopranistin, Mattinata, Rondine al nido, Parlami d´amore, Mariu oder Non ti scordar di me. Im zweiten Teil taute der Münchner immer weiter auf und interpretierte auf ausgesprochen charmante Art die Lieder, die immer wieder eine ungeahnte Sehnsucht nach dem Süden in uns wecken. Dass Jonas Kaufmann seinen Zuhörern ein dauerhaftes Lächeln ins Gesicht zauberte, ist nicht wirklich verwunderlich. Aber auch er selbst strahlte, dass es eine Freude war. Man konnte dem sympathischen Künstler anmerken, wie sehr ihm dieses Konzert am Herzen lag, diese wunderbare Musik, das Lebensgefühl zu vermitteln und seine große Liebe zu Italien. So hatten an diesem Abend und auf dieser Reise alle ihren Spaß und haben jede Minute in vollen Zügen genossen. Nach dem offiziellen Programmteil gab es natürlich noch diverse Zugaben, mindestens sechs Stück, es können auch sieben gewesen sein. In jedem Fall gab es vier weitere Soli für Jonas Kaufmann, darunter Parla piu piano und Core n´grato und zwei sehr bezaubernd vorgetragene Duette. Volare war das eine davon. Spontan stimmte die ganze Waldbühne mit ein. Eine heitere, ausgelassene und leichte Stimmung dominierte die Zugaben und Jonas Kaufmann gestikulierte wie ein wahrer Italiener, sang sich am Ende fast in eine Art Rausch und hätte vermutlich noch eine weitere Stunde seine Fans erfreuen und unterhalten können. Im Gegenteil zu den Menschen vor der Bühne wirkten die Musiker auf der Bühne am Ende ein wenig verzweifelt…Den charmanten Beschwörungen des Münchner (Star)Tenor hatte auch das Wetter in Berlin nicht widerstehen können und durchgehalten.
Zum Abschluss gab es, wie könnte es anders sein, Nessun dorma- Keiner schlafe- aus Puccinis Oper Turandot. Und geschlafen hat an diesem Abend sicher keiner der Zuhörer in der Berliner Waldbühne. Einen schöneren und stimmungsvolleren Abschluss hätte man sich wahrhaftig nicht vorstellen können. Ein weiteres Mal verzauberte Jonas Kaufmann seine Fans mit seiner wunderbaren Stimme, und noch bevor die letzten Töne im Abendhimmel verklungen waren, hielt es die Zuschauer nicht mehr länger auf den Sitzen. Die Waldbühne tobte vor Begeisterung und zauberte nun ihrerseits dem sympathischen Opernsänger ein strahlendes Lächeln ins Gesicht.
Gegen 23:00 landete der Flieger wieder und wir mussten Abschied nehmen von unserem charmanten Reiseführer und seiner Crew. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Reise nach Bella Italia und bin sicher, dass auch wir uns recht bald wiedersehen werden.
Und nicht vergessen am 15. September gibt es das gesamte Konzert auf 3SAT zu sehen und am 28.September erscheint bereits die Konzert DVD!
Ciao e a presto