Ein charmanter Franzose singt Verdi...

Ludovic Tézier entführt die Zuhörer in die Welt seines Lieblingskomponisten....

                          20. März 2021

             Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper


(C) Gregor Hohenberg / Sony Classical


Endlich finde ich Zeit, über das neue Album von Ludovic Tezier zu schreiben, das Anfang Februar auf dem Musikmarkt unter dem Label von Sony Classical erschienen ist, und das für mich zu den gelungensten Aufnahmen der letzten Zeit zählt. Der sympathische Künstler ist einer der besten Interpreten von Verdipartien, die es zur Zeit gibt. Der französische Bariton hat alles, was man braucht, Ausstrahlung, darstellerische Fähigkeiten, eine beeindruckende Bühnenpräsenz und nicht zuletzt natürlich eine ausdrucksstarke und unverwechselbare Stimme. Er ist auf allen großen Bühnen der Welt zu Hause, wobei sich die Tätigkeit des Opernsängers - neben der Metropolitan Opera in New York - überwiegend auf die Opern- Und Konzerthäuser in Europa fokussiert: die Opéra national de Paris, das Royal Opera House London, die Wiener Staatsoper, die Bayerische Staatsoper in München oder die Mailänder Scala.. Der in Marseille geborene und in Paris ausgebildete charismatische Sänger ist überall zu Hause und willkommen.


(C) Sony Classical


Die Anzahl der CD-Aufnahmen ist übersichtlich, umso erfreulicher ist es, dass der 52-jährige Franzose nun sein erstes Solo-Album aufgenommen hat, das er dem Komponisten widmet, der seinen Weg als Sänger definiert hat, wie Ludovic Tézier selbst sagt. So ist es auch keine Überraschung, dass er im Jahre 2022 bei der geplanten Wiedereröffnung der Metropolitan Opera in New York die Titelpartie im Rigoletto singen wird. Wer nicht das Glück hat, vor Ort zu sein, darf sich bestimmt auf eine Übertragung auf der Kinoleinwand freuen. Dieses Ereignis sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Gerade erst vor gut vier Wochen war der Opernsänger in einer Verdi-Oper an der Opéra national de Paris zu erleben. In der Aida-Inszenierung von Lotte de Beer verkörperte er die Figur des Amonasro. Die Radio-Übertragung vom 27.02.2021 auf France Musique ist immer noch abrufbar, und ich kann die Aufnahme nur empfehlen. Wer sich die szenische Darstellung antun will, hat dazu noch bis Mitte August auf Arte Concert Zeit.


(C) Link Youtube / Sony Classical


Nun aber endlich zum erschienenen Verdi Album. 14 Titel enthält die Aufnahme und bietet damit ein weites Spektrum an Baritonrollen. Beeindruckend ist die Vielfalt der Partien, die Ludovic Tézier hier präsentiert. Jede einzelne Rolle hat ihre eigenen stimmlichen Anforderungen, denen der Künstler hundertprozentig gerecht wird. Allein mit der Ausdruckskraft und Flexibilität seiner Stimme zeichnet Ludovic Tézier die unterschiedlichen Charaktere und gibt jeder Figur ihre ganz eigene Färbung. Die Gestaltungskraft scheint unerschöplich zu sein, und so braucht es nicht viel Zeit, um von dieser Stimme und der Musik in den Bann gezogen zu werden. Der Bariton erweckt die zahlreichen Figuren zum Leben, man sieht sie förmlich vor sich; den Conte di Luna aus "Il Trovatore", Giorgio Germont aus "La Traviata", den Rigoletto, Renato aus "Un ballo in maschera", Jago aus "Otello" oder Rodrigo aus "Don Carlo". Ein sehr wichtiger Aspekt an der überaus gelungenen Aufnahme ist die Authentizität, mit der der 52-Jährige auch hier seine Figuren verkörpert. Die Stimme ist außerordentlich kraftvoll, farbenreich und beweglich. Sie passt sich jederzeit den wechselnden Anforderungen an und ermöglicht so eine differenzierte Darstellung der unterschiedlichen Rollenprofile. Die Legatobögen sind wunderschön ausgesungen, der Atem ist lang, die Piani sind zart wenn auch selten, die Forte-Passagen beeindruckend und expressiv. Ludovic Tézier nimmt uns mit in die Welt seines Lieblingskomponisten und zeigt uns dessen unglaubliche Vielfalt und große Schaffenskraft. Je häufiger man diese Aufnahme hört, um so mehr wird man sich der Leidenschaft des Opernsängers für die Werke von Guiseppe Verdi bewusst.


(C) Link Youtube / Sony Classical


Entstanden ist die Aufnahme letztes Jahr im Teatro Comunale in Bologna. Die musikalische Leitung hatte der französische Dirigent Frédéric Chaslin. Er leitete das Orchestra del Teatro Comunale di Bologna.. Es handelt sich also um eine weitere Einspielung, die während dieser Pandemie aufgenommen und erschienen ist. Ich kann sie jedem Opernliebhaber nur ans Herz legen. Dieses Album, ob als Download oder CD zum Anfassen, gehört in die Sammlung jedes Verdikenners und erst recht in die eines jeden Fans des französischen Baritons. Es verspricht Musikgenuss auf höchstem Niveau und wäre ein wunderbarer Einstieg für alle Menschen, die bisher keine oder nur wenig Erfahrung mit dem Genre Oper haben. Wer danach nicht begeistert losstürmt, um sich das erste Opernticket zu kaufen, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Bei mir jedenfalls läuft diese großartige Aufnahme rauf und runter, und ich kann nicht genug davon bekommen.


(C) LInk Youtube / Sony Classical


Abschließend sei noch daran erinnert, dass Ludovic Tézier als nächstes sein mit Spannung erwartetes Rollendebüt als Amfortas in Richard Wagners Bühnenweihfestspiel "Parsifal" an der Wiener Staatsoper geben wird. Auch wenn aufgrund einens Covid-19-Falls im Ensemble die Proben bis Anfang nächster Woche ruhen und der Termin für die Online-Übertragung der Premiere auf den 11. April verschoben werden musste, sollte man dieses Ereignis auf keinen Fall verpassen. An seiner Seite ist Jonas Kaufmann in der Titelpartie zu erleben, mit dem er schon zahlreiche Abende auf der Opernühne verbracht hat. Elīna Garanča als Kundry (ebenfalls ein Rollendebüt), Georg Zeppenfeld als Gurnemanz und Wolfgang Koch als Klingsor. Unter der Kategorie "Nicht verpassen!" gibt es einen kleinen Einblick und entsprechende Informationen zu der Neuinszenierung von Kirill Serebrennikov.

Von mir gibt es dann nachfolgend eine Werkseinführung zum "Parsifal", unterstrichen von meinen persönlichen Gedanken zu diesem Werk, und selbstverständlich die Rezension nach der Ausstrahlung der Premiere.


(C) Gregor Hohenberg / Sony Classical


Musik ist die größte Malerin von Seelenzuständen

und die allerschlechteste für materielle Gegenstände.

 

                    (August Wilhelm Ambros)